Erweitertes Führungszeugnis im Ehrenamt
- Am 1. Januar 2012 ist das Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BkiSchG) in Kraft getreten. Ein Regelungsbereich des Gesetzes umfasst den Ausschluss von einschlägig vorbestraften Personen im Rahmen von Tätigkeiten der Kinder- und Jugendhilfe.
- Durch die Einführung der Regelung des § 72a Sozialgesetzbuch - Achtes Buch (SGB VIII) zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses (§§ 30, 30a Abs. 1 Bundeszentralregistergesetz) soll verhindert werden, dass in kinder- und jugendnahen Bereichen Personen beschäftigt werden, die rechtskräftig wegen einschlägiger Straftatbestände verurteilt wurden, unabhängig von der Höhe der Strafe und dem Alter bei der Begehung der Straftat.
- Ein erweitertes Führungszeugnis ist nach § 72a Abs. 3 und 4 SGB VIII dann vorzulegen, wenn die ehren- oder nebenamtlich Tätigen in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Minderjährige beaufsichtigen, betreuen, erziehen bzw. ausbilden oder vergleichbare Kontakte zu diesen haben und die dadurch entstehenden Kontakte nach Art, Intensität und Dauer (qualifizierte Kontakte) die Einsichtnahme in ein Führungszeugnis erfordern, da ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den jeweiligen Schutzbefohlenen und den jeweiligen Mitarbeitenden aufgebaut werden kann.
- Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe festzulegen, welche der für ihn selbst tätigen neben- und ehrenamtlichen Kräfte ihre Tätigkeit aufgrund des Vorliegens eines „qualifizierten Kontaktes“ nur nach Einsichtnahme in ein erweitertes Führungszeugnis aufnehmen dürfen (§ 72a Abs. 3 SGB VIII). Zum anderen erwächst daraus der Auftrag, mit Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die Einsichtnahme in erweiterte Führungszeugnisse von Personen zu treffen, die für diese tätig sind (§ 72a Abs. 4 SGB VIII).
- Die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen kann jedoch nur ein Teil eines umfassenden Präventions- und Schutzkonzepts des Trägers sein. Der Schwerpunkt muss auf der Qualifizierung und Sensibilisierung der Mitarbeitenden liegen. Für einen effektiven Kinder- und Jugendschutz ist es unerlässlich, dass eine gemeinsam getragene Organisationskultur mit regelhaften Strukturen und Vorgehensweisen entwickelt wird. Dazu gehört u. a. auch eine Selbstverpflichtungserklärung der ehren- bzw. nebenamtlich Tätigen, im täglichen Handeln den Schutz anvertrauter Kinder und Jugendlicher stets im Blick zu haben, sowie ein (Krisen-)Leitfaden, um bei Vorliegen eines Verdachts oder Vorfalls umgehend und angemessen zu handeln.
- Gemäß der Gesetzesbegründung zum BkiSchG werden bei den zu schließenden Vereinbarungen im Sinne von § 72a Abs. 4 SGB VIII nur Leistungen (z.B. Maßnahmen, Projekte) erfasst, die auch von der öffentlichen Jugendhilfe (mit)finanziert werden. Wenn keine Finanzierung durch die öffentliche Jugendhilfe erfolgt, kommt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner Verpflichtung nach, indem er Trägern (z.B. Verbänden, Vereinen) anbietet, eine Vereinbarung gemäß § 72a Abs. 4 SGB VIII für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit abzuschließen, bzw. auf Anfrage eines Trägers eine solche Vereinbarung mit diesem abschließt.
- Unter Federführung des Landesjugendamtes beim Kommunalverband für Jugend und Soziales Stuttgart wurde mit Vertretern/innen der baden-würtembergischen Jugendämter, der kommunalen Spitzenverbände, der Liga der freien Wohlfahrtspflege sowie der landesweit tätigen Träger der Kinder- und Jugendarbeit (Landesjugendring Baden-Württemberg, Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung Baden-Württemberg, Landessportverband Baden-Württemberg) eine Empfehlung zur Umsetzung des § 72a Abs. 3 und 4 SGB VIII erarbeitet. Hierdurch war es möglich, eine landesweite Klärung der Thematik Punkte herbeizuführen sowie ein praxistaugliches Instrument für die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen vor Ort zu entwickeln. Gleichzeitig wurden Muster für eine Vereinbarung nach § 72a SGB VIII, für eine Selbstverpflichtungserklärung sowie ein Prüfschema, mit dem die Notwendigkeit der Einsichtnahme in ein Führungszeugnis für ehren- und nebenamtliche tätige Personen dokumentiert werden kann, zur Verfügung gestellt.
Diese Arbeitshilfe ist - mit Stand Januar 2014 - nachfolgend als pdf-Datei hinterlegt.