Sonne und Wasser geben der Energiewende im Landkreis Rastatt einen kräftigen Schub

Riesige Mengen Energie fließen buchstäblich Tag für Tag durch den Landkreis Rastatt. Der Rhein transportiert stetig seine Wassermassen in Richtung Norden und zählt damit zu den wichtigsten Wasserstraßen in Europa. Die EnBW wollten die Energie, die der Flusslauf gewissermaßen gratis mitbringt, nicht ungenutzt lassen. Dafür bauten sie an der Staustufe in Iffezheim ein Laufwasserkraftwerk mit inzwischen fünf Turbinen. Damit ist es das größte Laufwasserkraftwerk Deutschlands – es versorgt sage und schreibe 250.000 Haushalte ununterbrochen mit elektrischer Energie. Das sind deutlich mehr Haushalte, als der Landkreis Rastatt hat.

Das Foto zeigt die Staustufe in Iffezheim.
Größtes Laufwasserkraftwerk Deutschlands: Die Rheinstaustufe in Iffezheim mit ihren fünf Turbinen versorgt 250.000 Haushalte mit Strom. Foto: Adobe Stock/Familie-Eisenlohr.de
 

Wasser kann zerstörerisch wirken, wie sich im Frühjahr 2024 wieder in Deutschland gezeigt hat. Kanalisiert man diese Kraft des Wassers allerdings, dann kann es der Energiewende einen kräftigen Schub geben. Ein Einsatzgebiet sind die Laufwasserkraftwerke, in denen Flüsse und Bäche durch Turbinen strömen, diese antreiben und damit Strom erzeugt wird. Neben dem Kraftwerk mit seinen fünf Turbinen in Iffezheim hat der Landkreis Rastatt noch kleinere Gewässer, in denen sich ebenfalls Generatoren drehen – etwa an der Murg in den Bereichen Breitwies und Schlechtau sowie in Rastatt.

Ein anderes Einsatzgebiet sind die sogenannten Pumpspeicherkraftwerke. Auch sie erzeugen Strom, aber nicht permanent. Sie sind, wie der Name schon sagt, Energiespeicher im großen Stil. Eine solche Anlage gibt es im Landkreis Rastatt, sie ist rund 100 Jahre alt und wird derzeit ausgebaut: die Schwarzenbach-Talsperre bei Forbach im Murgtal. „Das neue Pumpspeicherkraftwerk, mit dem das im Jahr 1926 in Betrieb genommene Rudolf-Fettweis-Werk erweitert wird, macht die Energieversorgung in der Region noch sicherer“, sagte Landrat Prof. Dr. Christian Dusch beim Tunnelanschlag für den Erweiterungsbau. Auch diese Anlage wird von der EnBW betrieben.

Pumpspeicherkraftwerke sind wichtige Bausteine für die Energiewende. Sie gleichen Energieengpässe aus und sorgen so für eine stabile Versorgung. Oder, wie Landrat Prof. Dr. Dusch es formulierte: „Damit immer dann, wenn uns Sonne und Wind eine Weile verlassen, die Lichter in den Wohnungen trotzdem nicht ausgehen.“

Ein Luftbild der Schwarzenbach-Talsperre mit dem Rudolf-Fettweis-Werk aus dem Jahr 1926. Sie ist ein natürlicher Stromspeicher.
Idyllisch im Schwarzwald gelegen: Die Schwarzenbach-Talsperre mit dem Rudolf-Fettweis-Werk aus dem Jahr 1926. Sie ist ein natürlicher Stromspeicher. Foto: Landratsamt Rastatt/Benjamin Wedewart

Das Prinzip ist im Grunde einfach: Wenn aus Windrädern und Fotovoltaikanlagen viel Strom erzeugt, aber nur wenig abgenommen wird, dann pumpen diese Kraftwerke mit der überschüssigen Energie im Netz große Mengen Wasser in die Schwarzenbach-Talsperre. Steigt der Verbrauch bei gleichzeitig zurückgehender Erzeugung an, dann wird das Wasser ins Tal sowie in die neuen Kavernenspeicher abgelassen und setzt zuvor Turbinen in Gang, die ihrerseits wieder Strom erzeugen. Das Pumpspeicherkraftwerk ist also im übertragenen Sinne ein großer Akku, der ausschließlich mit natürlicher Energie auskommt und niemals Kapazität verliert.

Für den Betrieb eines solchen Pumpspeicherkraftwerks ist es freilich notwendig, dass genügend Strom erzeugt wird. Landrat Prof. Dr. Christian Dusch hat hierfür ein Dezernat speziell auf die Belange der erneuerbaren Energie zugeschnitten. Hier laufen die Fäden für die Energiegewinnung aus Wasser, Sonne und Luft zusammen. Im Frühjahr wurde zum Beispiel die wasserrechtliche Genehmigung für eine Floating-PV-Anlage auf dem Stürmlinger See in Durmersheim übergeben. Hier wird ab Sommer 2025 mit einer der größten schwimmenden Anlagen Deutschlands rechnerisch Strom für 13.000 Einwohner produziert. Neben weiteren solchen Projekten laufen parallel Planungen für zahlreiche Windkraftanlagen.

„Ich danke allen Projektträgern für ihr Engagement in diesem Bereich“, erklärt Landrat Prof. Dr. Dusch. Ohne Investition, Bau und Betrieb durch die Firmen sei die Energiewende nicht möglich. Als Behörde werde man die Genehmigungen zügig erteilen. Von der Politik vor allem im Bund wünscht sich der Landrat allerdings eine flexiblere Gestaltung der Richtlinien und Vorgaben. So sind auf Kiesseen derzeit Floating-PV-Anlagen nur zulässig, die maximal 15 Prozent der Wasserfläche überdecken. „Damit ist ein wirtschaftlicher Betrieb oftmals nicht möglich“, so Prof. Dr. Dusch, der gemeinsam mit Politikerinnen und Politikern des Landkreises einen Vorstoß in Richtung Bund und Land gestartet hat, um diese Beschränkung aufzuheben.

Die Hoffnung auf ein Einlenken haben die Akteure nicht aufgegeben, dies zeigt das Projekt in Durmersheim: Der entsprechende Bebauungsplan umfasst 30 Prozent der Wasserfläche, also doppelt so viel, wie derzeit gebaut werden darf – im Fall einer Gesetzesänderung in Berlin könnte die Anlage im Grunde mit einer entsprechenden wasserrechtlichen Zulassung schnell erweitert werden.

Auch wenn es sich in diesem Fall um die Stromerzeugung mit Fotovoltaik-Zellen handelt: Das Wasser hat bei dieser schwimmenden Anlage eben doch wieder eine wichtige Funktion. „Das Wasser spielt bei der Stromerzeugung, auf welche Weise auch immer, am Oberrhein eine herausragende Rolle. Ich hoffe darauf, dass dieses Potenzial noch mehr erkannt wird“, erklärt Landrat Prof. Dr. Christian Dusch.

Rudolf-Fettweis-Werk

Zum Ausbau der Schwarzenbach-Talsperre bei Forbach werden Bergleute tiefe Stollen in den Berg treiben und zwei große Kavernen errichten. Eine davon wird das Herzstück des Pumpspeicherkraftwerks beherbergen: die Kraftwerkstechnik mit Turbinen und Generatoren. In der zweiten entsteht ein riesiger Wasserspeicher. Etwa 18 Monate sollen die Spreng- und Abbrucharbeiten unter Tage dauern. Die Inbetriebnahme des Kraftwerks ist im Herbst 2027 geplant.