Wenn die Seele schmerzt, braucht es Hilfsangebote auf Augenhöhe
IBB-Stelle Baden-Baden/Rastatt unterstützt bei psychischen Erkrankungen
Wenn das Kind sich den Fuß gebrochen hat, bekommt es einen Gips, läuft vielleicht eine Weile mit Krücken. Für Außenstehende ist die Verletzung kaum zu übersehen. Deshalb fällt es auch leicht, offen darüber zu sprechen.
Was aber, wenn die Seele zerbrochen ist? Was, wenn es genau dort weh tut, wo es keiner sehen kann? Dann wird es für Betroffene und Angehörige oftmals schwierig, offen darüber zu reden. Und dabei wäre es genau dann wichtig, weiß Judith Straub aus Erfahrung. Sie leidet selbst an psychischen Erkrankungen und möchte der Stigmatisierung dieses Krankheitsbildes ein Ende setzen. Gemeinsam mit Sandra Braun, die ebenfalls selbst betroffen ist, ist sie seit Februar 2023 für die Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle (IBB-Stelle) Baden-Baden/Rastatt im Einsatz.
Entsprechend den Vorgaben des Psychisch-Kranken-Hilfegesetzes sind Land- und Stadtkreise dazu verpflichtet, niederschwellige Anlaufstellen für psychisch Kranke und deren Angehörige zu schaffen. Der Landkreis Rastatt und der Stadtkreis Baden-Baden haben eine solche Stelle 2016 gegründet. Die ehrenamtlichen Mitglieder der IBB-Stelle bieten sowohl psychisch Kranken selbst, aber auch deren Angehörigen Unterstützung an und versuchen, für deren Anliegen einzustehen. Daneben sind sie Ansprechpartner für Menschen mit einem beruflichen Hintergrund im Versorgungssystem.
Das Besondere an der IBB-Stelle ist deren Zusammensetzung: Neben den Patientenfürsprechern des Landkreises Rastatt, Rolf Schnepf, und der Stadt Baden-Baden, Sonja Haase, sind auch Betroffenenvertreter sowie Angehörigenvertreter fester Bestandteil des Teams. Dadurch, dass das Team nicht einseitig medizinisch ausgerichtet ist, bietet die IBB-Stelle eine niederschwellige Beratung und Wahrnehmung der Rechte und Interessen Hilfesuchender.
„Natürlich ersetzen wir eine medizinische Beratung nicht. Im Gegenteil. Wir wollen mit allen Fachkräften kooperieren und das Hilfsangebot ergänzen“, betont Schnepf. Insbesondere die Angehörigen- und Betroffenenvertreter hätten einen riesigen Erfahrungsschatz, den man nutzen sollte.
„Es ist einfacher, mit Menschen über eine Erkrankung zu sprechen, die wirklich nachvollziehen können, wie es einem gerade geht. Das ist nochmal eine ganz andere Vertrauensbasis“, so Braun. „Unser Ziel ist deshalb, Mut zu machen, auf Augenhöhe offen zu kommunizieren und unsere eigenen Erfahrungen weiterzugeben“, fügt Straub hinzu.
Die Probleme, mit denen Klienten auf die IBB-Mitarbeiter zukommen, sind unterschiedlich. Die drängendste Frage sei aber meist die nach einem ambulanten Betreuungsplatz, weiß Olaf Schädlich, der ebenfalls als Betroffenenvertreter Teil des IBB-Teams ist. Die Zahl der psychisch Kranken steige stetig an. Gleichzeitig habe sich an der Bedarfsplanung für ambulante Therapieplätze aber nicht viel geändert – es sind schlicht zu wenig vorhanden. „Die verzweifelte Suche nach einem Platz ist für Betroffene und Angehörige eine zusätzliche Belastung“, bedauert Rachel McColl, die als Angehörigenvertreterin agiert.
Auch nach einem stationären Klinikaufenthalt sei die anschließende Betreuung wichtig. „Wir entlassen die Patienten zu 90 Prozent in eine ungewisse Zukunft“, weiß Straub. Neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für die IBB-Stelle arbeitet sie als Ex-In-Genesungsbegleiterin in der MEDIAN Achertal-Klinik Ottenhöfen. Ex-In steht für “Experienced Involvement”, also die Beteiligung Erfahrener. Die Idee hinter diesem Berufsbild ist, dass sich Psychiatrie-Erfahrene zu Fachkräften im psychiatrischen System qualifizieren und im Anschluss daran anderen Personen als Genesungsbegleiter zur Seite stehen.
Die IBB-Stelle sieht es auch als ihre Aufgabe an, auf die Missstände im Betreuungssystem aufmerksam zu machen. „Depression ist Seelenkrebs, eine tödliche Krankheit, für die es zwingend genügend Behandlungsplätze braucht“, betont Straub. Zwar könne die IBB-Stelle das Problem mit der Bedarfsplanung nicht lösen, aber sie kann bei der Suche nach Therapieplätzen und bei der Antragstellung unterstützen und Tipps geben.
Die IBB-Mitarbeiter nehmen bei allen Anregungen, Fragen und Beschwerden im Zusammenhang mit einer Unterbringung, ärztlichen Behandlung, Psychotherapie oder psychosozialen Betreuung eine Art Lotsenfunktion ein und versuchen, entsprechend zu beraten oder bei Konflikten zu vermitteln. Die Beratung ist kostenfrei und unterliegt der Schweigepflicht. Das Team behandelt alle Anliegen vertraulich und wird nur dann weiter tätig, wenn dies von den Betroffenen ausdrücklich gewünscht ist.
„Wir sind eine Anlaufstelle ohne Zugangsbarrieren. Wir sind da, hören zu und versuchen, zu unterstützen. Vertraulich, unbörokratisch, auf Augenhöhe und ohne Wartezeiten“, fasst Schnepf den Auftrag der IBB-Stelle zusammen.
Service
Hilfesuchende können die IBB-Stelle telefonisch oder per E-Mail kontaktieren. Persönliche Gesprächstermine sind nach vorheriger Vereinbarung ebenfalls möglich.
E-Mail: fragen@ibb-bad-ra.de
Telefon: 07221-969 9555 (Anrufbeantworter ist geschaltet)
Weitere Informationen im Internet unter: www.ibb-baden-baden-rastatt.de